
Neue Risikoklassifizierung wäre eine Bedrohung der einheimischen Medikamentenproduktion
Zu den Plänen der EU-Kommission, den Umgang mit Industriealkohol einzuschränken, sagte der umwelt- und gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Delegation im Europäischen Parlament Andreas Glück, MdEP:
»Eine schädliche Wirkung von Alkohol ist unbestritten. Studien weisen auf eine krebserregende und die Fortpflanzung beeinträchtigende Wirkung hin. Deshalb droht die EU-Kommission jetzt mit einer Risikoklassifizierung für Ethanol im Rahmen der Biozid-Verordnung. Diese regelt den Umgang mit Bioziden wie etwa Desinfektionsmittel. Alkohol als Genussmittel wird mit dieser Verordnung nicht geregelt.
Die zugrunde liegenden Studien beziehen sich jedoch nicht auf die ordnungsgemäße Anwendung als Industriealkohol oder als Desinfektionsmittel, sondern auf eine missbräuchliche Anwendung, wie etwa die orale Aufnahme größerer Mengen hochprozentigen Industriealkohols.
Wer Desinfektionsmittel trinkt, tut seiner Gesundheit keinen Gefallen. Das müsste jedem klar sein. Aus den seltenen Fällen eines Missbrauchs nun jedoch abzuleiten, dass der Umgang mit Desinfektionsmittel insgesamt eingeschränkt werden soll, ist gerade zu abstrus.
Als Facharzt für Chirurgie finde ich es gut, dass sich seit der Coronapandemie die Menschen öfter mal die Hände desinfizieren, um die Ausbreitung von Krankheiten einzudämmen.
Ethanol wird außerdem in der pharmazeutischen Industrie benötigt. Im Falle einer Risikoklassifzierung befürchten Experten eine erhebliche Einschränkung der heimischen Medikamentenproduktion.
Es ist nicht nachvollziehbar, dass man auf der einen Seite versucht, mit dem Pharmapaket und dem Gesetz für kritische Arzneimittel die europäische Medikamentenproduktion anzukurbeln und zeitgleich nimmt man wenige Fälle des Missbrauchs zum Anlass dafür, den Umgang mit Ethanol in der Industrie und im Gesundheitsbereich insgesamt einzuschränken und damit die europäische Pharmabranche zu gefährden.
Da bei diesem Vorgang eine Beteiligung des Parlaments von der Kommission nicht vorgesehen ist, habe ich bereits am 4. Februar 2025 in einen Brief an die Kommissare Várhelyi und Roswall auf das Problem hingewiesen. Darüber hinaus habe ich für einen Vorschlag geworben, dass zumindest vergälltes Ethanol von einer Verschärfung ausgenommen werden muss, da hier ein Missbrauch durch orale Aufnahme ausgeschlossen werden kann.«
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